Samstag, 5. Juli 2014

Chasing Supercells

Der 2. Juli 2014 war wohl einer der Tage, die unerwartet die großartigsten Dinge hervorbrachte. So war an diesen Tag das Stormchaserglück mehrmals auf unserer Seite und das eigentlich geplante "Standard-Chasing" wurde zu einem actionreichen und unerwartet erfolgreichen Ausflug auf amerikanischen Tornado-Ally Niveau.

Forecast dieses Tages:




Wetterlage:
 Bevor sich von Südwesten her ein zunehmend hochsommerlicher Wettercharakter durchsetzt, sorgt eine wellende Kaltfront heute noch einmal für zahlreiche Schauer & Gewitter im Vorhersagegebiet.
Vorallem im Südosten sind auch kräftigere Gewitter zu erwarten.

Vorhersage:

In der Osthälfte Österreichs überwiegt vorerst noch der Sonnenschein.
Im Bergland des Westens kommt es bereits am Vormittag zur Schauerbildung, ab etwa Mittag muss man dann entlang des gesamten Alpenhauptkamms, im Mühl & Waldviertel bis ins niederösterreichische Alpenvorland mit Schauer & Gewitterbildung rechnen.
Unter Verstärkung breiten sich die Gewitter in Richtung Südosten aus und greifen auf das Flachland über.
Bei eher nur mässig hoher Labilität (500-800 CAPE J/KG) bringen die Gewitter in der feuchtwarmen Luftmasse die Gefahr großer Niederschlagsmengen.
Besonders im Süden und Südosten können sich die Gewitter bei durchaus passablen Scherungswerten (bis 30 kn DLS, Richtungsscherung Südwestwind über bodennahem Südostwind) auch organisieren, einzelne Mesozyklonen können besonders vom südlichen Wr.Becken übers Grazer Bergland bis etwa Bad Radkersburg für Flashfloods, Sturmböen im Niederschlagsbereich sowie auch für größere Mengen kleineren Hagels (unter 3 cm) sorgen.

Am späteren Nachmittag und Abend verschmelzen die Gewitter zu größeren Systemen, die sich vorderseitig auch in Linien organisieren können und besonders am Alpenostrand lokal mitunter auch für Sturmböen sorgen.

Die Hauptgefahr stellen aber lokal hohe Niederschlagsmengen/Überflutungsgefahr dar, da die konvektiven Regenfälle im Südosten bis in die erste Nachthälfte anhalten können.

GEFAHREN:

-Überflutungen, Flashfloods
-Hagelschlag kleiner 3 cm
-Sturmböen im Niederschlagsbereich

BERICHT:

Es begann alles ganz normal, Dominik und ich trafen uns in Wien und fuhren Richtung Wr. Neustadt um Mathias von der Arbeit etwas außerhalb der Stadt ab zu holen. Schon am Weg dort hin fiel uns eine ständig intensiver werdende Schauerzelle auf, die auch bald erste Blitze produzierte, weswegen wir beschlossen diese zu besichtigen.


Sofort erkannten wir, dass es sich hier nicht um einen normalen gewittrigen Schauer handelt, sondern um eine entstehende Superzelle, die eine immer schönere Wallcloud ausprägte.



Wir versuchten vor der Zelle zu bleiben und die Frcatus Fetzen hingen sehr tief und wurden Turbulent nach oben gezogen. Es wurde zwar zu diesem Zeitpunkt keine Funnelcloud gesichtet, aber zu diesem Zeitpunkt bestand akute Gefahr.




Dann fuhren wir weiter, kamen aber in keine gute Position.


Unser einziger Weg raus aus dieser turbulenten Lage und nicht in den Niederschlagskern zu kommen, führte geradewegs durch den sogenannten "Bears Cage" zu Deutsch "Bärenkäfig". Dieser Bereich der Superzelle ist direkt unter einer rotierenden Wallcloud, der Platz, an dem jederzeit ein Tornado entstehen kann! Hier auf dem Bild deutlich erkennbar, direkt unter den tiefhängenden Wolken.


Wenige hundert Meter neben uns der Hagelsturm, bis zu 2cm große Körner wurden gemeldet, und ober uns die stark rotierende Wallcloud. Kein Ort an dem sich Stormchaser wohlfühlen.


Jedoch hatten wir es geschafft, kamen wieder nach vorne und dann gings im rasanten Tempo weiter.




Gruselige Stimmungen in den Städten, die auf unserem Weg lagen.




Ein Panorama von dem Unwetter, bevor es von der eindeutig klassischen Superzelle zu einer vermeintlichen HP Superzelle mutierte, worüber sich jedoch streiten lässt.


Der Niederschlagskern wickelte sich von nun an jedoch um die Mesozyklone und wurde deutlich stärker, wie man auch anhand folgender Bildserie erkennen kann.






Wie für eine HP Superzelle üblich schnitt der Niederschlag die Zufuhr energiereicher Luft ab und die Mesozyklone schwächte sich somit massiv ab.


Auf ihrem weitern Weg gab es zwar nochmals ein kurzes Aufleben, aber bei weitem nicht mehr so intensiv, da die Scherung und die Energie auf ihrem weiteren Weg massiv abnahm.


Somit beschlossen wir weiter zu fahren und plötzlich bemerkten wir die nächste wachsende Wallcloud. Wir positionierten uns an einer günstigen Stelle und ließen uns überrollen. Folgende Bilderserie zeigt wie gut wir positioniert waren.



Sogar wunderschöne laminare Strukturen wurden erkennbar.




Natürlich gibts auch ein Panorama von dieser Schönheit.


Danach beschlossen wir, begleitet von turbolenten Schauern,



weiter nach Süden zu fahren und die herannahende Unwetterfront abzufangen, was zuerst als Flop erschien, da keine Front sichtbar wurde. Allerdings genossen wir eine herrliche Aussicht über das Grazer Becken, bei gemessenen frischen Böen um 45km/h und Mittel um 25km/h.



Jedoch, als wir schon heim fahren wollten, flammte plötzlich zum Dritten mal an diesem Tag eine markante Gewitterzelle auf und zum Ersten mal konnte ich einen Blitz freihändig erwischen.




Dannach gings mit Starkregen und einer guten Blitzshow wieder nach Hause. Insgesamt 12h dauerte der Chase und über 500km sind wir gefahren....
Das erinnert mich an ein großartiges Meme von Facebook:




Jedoch muss man dazu sagen, was für Wolken ... die kann man hier im Video begutachten:




ANALYSE:

Wie jeder Unwetterbericht gibts auch hier eine Analyse zu diesem Ereignis. Als Erstes, was von vielen fälschlicherweise als wichtigster Faktor beschrieben wird, ist die Energie. Diese war zwar mit bis zu 1000J/kg moderat, aber solche Strukturen hätte man da nie erwartet.


Viel wichtiger für solche Strukturen ist jedoch die Scherung, die mit bis zu 25kt sehr hoch war.


Ohne leichten Gegendruck zur CAPE, dem CIN, gibt es keine gut organisierten Unwetter. Diesmal waren jedoch alle Zutaten optimal vorhanden.


Und zur richtigen Zeit gab es an der Stelle der Superzellen eine starke Konvergenz. Somit schien alles perfekt.

Leider war diesmal auch viel Niederschlagbares Wasser in der Atmosphäre vorhanden, was sich auch an den Regenmengen zeigte, denn es wurden Punktuell mit den Unwettern bis zu 60l/m² gemessen.


Wie üblich bei heftigem Starkregen durch rotierende Gewitter gabs auch Hagel, was auch schon hier die ESTOFEX Hagelkarte andeutete.


Anhand des Blitzloops erkennt man schön die einzelnen Gewitterzellen


Am Niederschlagsradar erkennt man ebenfalls die heftige Unwetterzelle, so wie die heran nahende Front.






Dienstag, 1. Juli 2014

Entstehung einer Superzelle

Am 29. Juni 2014 war es wiedermal so weit und die Stormchaser rückten aus. Im Team waren ebenso Dominik (Fahrer) und Mathias (Navigator), so wie zwei weitere Gäste und ich dabei. Schon früh ging es los zu einem interessanten Chasing.


Bericht:

Zuerst deuteten die Wetterkarten eine massive Squalline aus Westen kommenden an, die Entlang der Donau über Niederösterreich rollen sollte. Jedoch verpuffte die lagernde Energie sehr schnell, worauf ich später eingehen werde, weswegen sich nur weiter östlich kräftigere Gewitter bildeten. Wir waren im Raum Wr. Neustadt und weiter östlich unterwegs.


Als wir einen schönen Aussichtspunkt gefunden haben, konnte man erste Dynamische Ansätze feststellen und eine Organisation der Zelle erahnen.



Wir verfolgten die Zelle weiter und sie organisierte sich immer wieder neu, jedoch fehlte es an Energie und einerseits war der Regenschauer zu hochbasig und reichte nur bis knapp 10km Höhe, was nicht einmal für Blitze reichte. In weiterer Folge änderte sich das jedoch.


Denn der vermeintliche Regenschauer verstärkte sich enorm und bildete eine schöne Mesozyklnoe aus




und brauchte schon bald darauf erste Schäden in Form von Überflutungen mit sich.




Nach einem kurzen Fotostop jagden wir die nun vermeintliche Superzelle bis nach Nickelsdorf zur Ungarischen Grenze.




Wo wir sie dann letztenendes leider Aufgeben mussten, da wir im Ausland keinerlei Radardaten zur Verfügung hatten und Blindes chasen sehr gefährlich sein kann!
Dafür konnten unsere Ungarischen Kollegen die sich verstärkende Superzelle im HP Status abfangen und eine atemberaubende Aufnahme der Superzelle machen.



Wir fuhren dann noch ein wenig durch den Regen und somit war unser Chasing nach einem spannenden Nachmittag beendet.




Analyse:

Jetzt ist natürlich interessant, was ist da genau passiert? Warum blieb die Squalline aus und warum spielte sich eigentlich alles östlich von Österreich ab?
Betrachtet man die CAPE Werte, so ist mit verbreitet 1000-2000J/kg mehr als genug Energie vorhanden.

 Auch die Scherung ist mit rund 20kt in den ersten 6km der Atmosphäre mehr als ausreichend.

 Die zwei wichtigsten Faktorensind somit schon mal vorhanden, um kräftige Gewitter zu begünstigen. Jedoch da wo viel Energie ist, braucht es auch ein bisschen Gegenkraft, damit nicht alles an Energie auf einmal verpufft sondern sich bündeln kann.
Das geschah jedoch erst östlich von Österreich und aus der schönen Gewitterlinie wurden erst weiter östlich heftige Unwetter und dort wurde dann, wie man auch auf den Bildern sah, die Energie richtig umgesetzt.



Man erkennt auch hier deutlich am Radar, dass die Roten Zonen der vorigen Karte nur mäßig starke Entwicklungen zeigen und die Orangen Zonen, höherer CIN (stärkerer Deckel) stärkere Entwicklungen zeigen.



Das war auch der Grund, für den Mitteleuropäischen Flop, wie es ein Kollege von mir meinte. Im Video sieht man schön, wie sich die Schauerzellen im weiteren Verlauf intensivierten und sich zum ausgereiften Superzellen entwickelten.